Am heutigen Tag bin ich mal wieder mit dem Zug von Ilvesheim nach Karlsruhe unterwegs. Eine Fahrt mit Umleitung und Baustelle.
Dieses Wochenende findet die Ilvesheimer Insel-Kerwe statt. Das ist eins der größten Ereignisse im Kaff, für das die Hauptdurchgangsstraße für fast eine Woche voll gesperrt wird. Der Verkehr quält sich durch temporär mit Parkverbot und Einbahnstraßenregelungen tauglich gemachte Wohnstraßen, weil die neue Neckarbrücke von Ladenburg nach Neckarhausen immer noch nicht gebaut ist. Die zwei wichtigsten Bushaltestellen, Ilvesheim Rathaus und Lange Morgen, werden aufgehoben und verlegt; die Busse quälen sich ebenfalls durch die Umleitung.
Um den Spaß komplett zu machen, hat die DB die Strecke zwischen Bruchsal und Karlsruhe gesperrt. Die Stadtbahnen der AVG fahren von Menzingen und Odenheim nur bis Untergrombach, ab dort ist SEV mit Bussen. Die S-Bahnen der S-Bahn Rhein-Neckar machen in Bruchsal Kopf, fahren über die Bruhrainbahn nach Graben-Neudorf und von dort nach erneutem Fahrtrichtungswechsel über die ICE-Strecke ohne Halt in Friedrichstal, Blankenloch und Hagsfeld nach Karlsruhe Hbf.
Diesen doppelten Spaß gebe ich mir natürlich. What can possibly go wrong.
Da mein Fahrer diese Woche urlaubt, musste ich heute sehen, wie ich selbst ins Büro komme. Sandra hat mir ihr Auto aufgedrängt, abre ich wollte ihr das Auto nicht für zwei Tage klauen und habe mich in den ÖPNV gesetzt. Reisenotizen einer erstaunlich verpatzten Fahrt am Mitteltag einer Brückenwoche, wo es eigentlich völlig entspannt hätte sein sollen.
Nächster Halt Heidelberg Hbf. Dieser Zug wird in Heidelberg Hbf getrennt. Der vordere Zugteil fährt weiter nach Mosbach. Es besteht Übergang zum übrigen Fern- und Regionalverkehr sowie zu den S-Bahnen in Richtung Bruchsal und Karlsruhe.
Ja, richtig. Dieser Übergang besteht durch Sitzenbleiben im hinteren Zugteil. Der fährt nämlich nach Karlsruhe. Irgendwie hat die S-Bahn Rhein-Neckar ihr bis zum Exzess betriebenes Flügelungssystem selbst nicht mehr.
Jetzt geht der Mist, den ich seit Jahren in Haßloch(Pfalz) bemängele, neuerdings auch in Mannheim Hbf los: Die S-Bahn aus Germersheim fährt auf Gleis 9 bis zum Ausfahrsignal vor und steht dann so, dass man selbst von der hintersten Tür noch zur vordersten Treppe zurücklaufen muss.
Der danach kommende Zug aus Neustadt schleicht mit 20 in das besetzte Gleis und hält vor dem Halt zeigenden Sperrsignal der Beifahranlage. Würde der vordere Teil der S-Bahn dort stehen wo er normalerweise steht, müsste der hintere Zugteil nach dem Halt und dem Umschalten des Sperrsignals auf Kennlicht zum Kuppeln nur noch ein paar Meter weiterfahren.
Diesmal steht der zweite Zug aber knapp 80 Meter weiter vorn. Die Fahrgäste drücken wie wild auf den Türknöpfen des im Schrittempo vorziehenden Zugs herum und eine wahre Völkerwanderung setzt ein. Als die Kupplung endlich zugeht, ist selbst der Zugschluß schon am Beifahrsignal vorbei.
Die Aufsicht erzählt mir, das würden die Tf neuerdings immer öfter so machen. Wenn das eine neue Richtlinie ist, dann frag ich mich echt was die Sesselfurzer bei der Ausgabe dieser Weisung zur Fahrgastschikane geraucht haben. Und wenn es keine Richtlinie ist, dann möchte ich gerne einen Tf zur Halteplatzfindeschulung schicken.
Der 971 ist die Spätverbindung aus der Hauptstadt nach Baden. Ein Milchkannenexpress, der auf dem Weg ungefähr alle Milchkannen wie Wolfsburg, Braunschweig, Hildesheim und sogar Hanau beehrt. Nur der Abstecher über den Flughafen fehlt. Dann steht er 16 Minuten in Frankfurt, um Anschlüsse aus allen Himmelsrichtungen abzunehmen. Wenn er dann ausnahmsweise mal pünktlich in Frankfurt wegkommt, reicht es bei flotter Fahrweise und etwas Verspätung der S2 noch für einen Sichtnichtanschluß (23:41 auf 23:37) in Mannheim. und dann steht man 24 Minuten auf dem Bahnsteig und lässt sich auf ganzer Länge von blinden Rauchern vollqualmen. und für die letzten 60 km braucht man so dann abschliessende 90 Minuten.
Der NTA in Friedrichsfeld Süd druckt schon, als die S-Bahn (des Taktes vor dem, den ich eigentlich erreichen wollte) einfährt. Der Tf guckt mich an, ich gucke zurück und zeige auf den Automaten.
Endlich hat der NTA zuende gedruckt. Ich gehe mit großen Schritten auf den Zug zu, da sehe ich die grünen Lichter ausgehen. Ein Blick nach vorne: Kein Tf mehr da, das Fenster ist zu. Die Umrichter quietschen los, weg ist die Bahn.
Wäre ich schwarz gefahren, hätte ich nicht frieren müssen.
Auf dem Papier gibt es die Regel "Fernverkehr vor Nahverkehr" ja nicht mehr. Hat was mit dem diskriminierungsfreien Zugang zu tun. Aber gelebt wird es immer noch etwas anders.
So hat es mich eben fast mein Mittagessen gekostet, dass die Transportleitung es vorgezogen hat, eine in der Ankunft pünktliche S-Bahn in Heidelberg fast zwölf Minuten stehen zu lassen, um zu verhindern, dass ein zwanzig Minuten verspäteter, anstelle von "zehn Minuten vor der S-Bahn" zehn Minuten nach planmäßiger Abfahrt der S-Bahn ankommender Intercity kurz vor Mannheim Hbf auf eben diese S-Bahn aufläuft und sich nochmal zusätzlich zwei Minuten einfängt. Der IC ist auf Minute :47 in Friedrichsfeld Süd durchgerauscht; die pünktliche S-Bahn wäre (hätte man sie pünktlich fahren lassen) auf :42 in Friedrichsfeld Süd und auf :51 in Mannheim Hbf gewesen. Das hätte für den IC maximal nochmal +2 gegeben, aber die Fahrgäste der (vollen, Feierabendverkehr!) S-Bahn ihre Anschlüsse noch erreichen lassen.
In einem S-Bahn-Triebwagen der Baureihe 425 sind fünf von sieben Sitzreihen stufenfrei erreichbar, haben eine für ein modernes Nahverkehrsfahrzeug relativ großzügige Gepäckablage über der Vierergruppe und unter den Sitzen in den meisten Fällen Platz für mehr Gepäck.
Zwei von sieben Sitzreihen sind über den Drehgestellen angeordnet, sind deswegen nur über eine recht heftige Stufe erreichbar, haben unter den Sitzen Kästen und keine obere Gepäckablage. Außerdem ist die Entfernung dieser Sitzreihen zu den Türen maximal.
Und nun dürft Ihr dreimal raten, welche Plätze von Langstreckenreisenden mit Schrankkoffern bevorzugt werden.
Ich bin seit einigen Monaten mehr oder weniger regelmäßiger Fahrgast in der S-Bahn Rhein-Neckar und habe dieses noch recht neue Nahverkehrssystem lieben und hassen gelernt. Wie alles hat es seine Stärken und seine Schwächen. Und manche Bestandteile, die beides - Stärke und Schwäche sind.
Ich stehe mit meiner Begleitung in Mannheim Hbf und warte auf die "S-Bahn" in Richtung Neustadt. Ausgeschildert ist, wie zur abendlichen Hauptverkehrszeit üblich, der Zug doppelt: Der erste Zugteil nach Kaiserslautern, der zweite nach Neustadt, mit dem Zusatz "Zugtrennung in Neustadt". Da die aus Heidelberg kommende "S-Bahn" wie üblich brechend voll sein wird, stehe ich am hinteren Teil des Bahnsteigs, wo für diesen Zug planmäßig eine Einheit 425.2 dazugestellt wird.