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UMTS unter Linux in der mobilen Praxis

Heute hatte ich nach der Erfolgsmeldung des prinzipiellen Funktionierens das erste Mal die Gelegenheit, UMTS in der Praxis auszuprobieren, und zwar gleich unter erschwerten Bedingungen: Testort ist der IC von Weinheim an der Bergstraße nach Hamburg. Das ist vor allen Dingen deswegen "erschwert", weil es im IC keine Repeater in den Wagen gibt.

Testumgebung ist wie gehabt mein hp compaq nc8000 mit der von Vodafone gebrandeten Option-Karte. Die Karte ist auf "UMTS bevorzugen, GPRS als Rückfallebene" konfiguriert; Softwareumgebung ist Debian GNU/Linux Unstable mit Kernel 2.6.14-rc1, statischem /dev und dem derzeit bekanntermaßen kaputten hotplug. Als PPP-Daemon verwende ich den "Normalen" pppd, der mir auch bei PPPoE und Modem Dienste leistet.

Die Testumgebung gibt das automatische Laden des usbserial-Kernelmoduls nicht her, so dass nach dem Einstecken des Karte erstmal auf der Shell ein modprobe-Aufruf fällig wird.

Im Chatscript muss man der Karte drei Parameter mitgeben. Dabei zeigt sich schon die erste Herausforderung: Die Karte beginnt erst nach Übermittlung der PIN damit, sich in das Mobilfunknetz einzubuchen, gibt aber sofort nach dem Kommando das "OK" und beginnt auch nach dem ATDT-Kommando sofort mit dem PPP-Handshake. Das wiederum führt dazu, dass der Einbuchungsvorgang beim Funknetz noch nicht abgeschlossen ist, während am anderen Ende der Karte der LCP-Handshake austimed und der pppd beleidigt terminiert. Beim zweiten Mal bekommt man dann bei Übermittlung der PIN einen ERROR, muss also das Chatscript so anpassen, dass es an dieser Stelle auch einen ERROR als "korrekte Rückmeldung" verbucht. Eventuell ist es sinnvoller, direkt nach dem Laden von usbserial die Konfiguration der Karte per Extra-Chatscript vorzunehmen, und den pppd erst dann aufzurufen, wenn die Karte sich korrekt eingebucht hat.

Nachdem diese erste Hürde genommen ist, zeigt sich, dass die UMTS-Verbindung schon dann ins Stocken gerät, wenn der IC die geschlossene Ortschaft für länger als 30 Sekunden verlässt. Glücklicherweise ist in Rhein/Main die nächste Zelle nie weit, und die Session überlebt das Wiedereinbuchen inklusive der bestehenden TCP-Verbindungen problemlos.


Die Latenz liegt üblicherweise unter 300 ms, wobei einzelne Pakete auch mal zwei Sekunden unterwegs sind. In Gebieten mit Aussetzern bemerkt man bei einem mitlaufenden Dauerping die durchaus ausgeprägte Pufferung auf der Karte - wenn das Netz wiederkommt sind pings mit 200000 ms Laufzeit durchaus normal. ssh mag sowas gar nicht und nimmt sich nicht selten nochmal zwei, drei Minuten Auszeit bis die Session wieder ansprechbar ist. Lästig.

Vor Giessen bucht sich die Karte dann das erste Mal per GPRS ein. Offensichtlich ist die Netzabdeckung per UMTS schon relativ weit fortgeschritten, denn bis Kassel zeigt sich, dass entweder UMTS geht, und das gut, oder gar nix. Ganz selten mal blinkt die Karte grün (GPRS) und IP-Pakete gehen durch. Irgendwie ist das GSM-Funkteil der Option-Karte ziemlich bescheiden implementiert. Insbesondere auf dem Abschnitt im "bergigen Nichts" zwischen Wabern und Kassel geht gar nix. Da funkt sogar mein betagtes 6310i besser - was aber eventuell auch daran liegt, dass man das per Bluetooth angekoppelte Mobile direkt ans Fenster stellen kann, während die UMTS-Karte fest ans Notebook gefesselt fast zwangsläufig einen schlechteren Empfangsplatz hat.

Zwei, dreimal kommt es vor, dass der pppd sich nach längeren Netzhängern komplett verabschiedet, "tcflush failed: Bad file descriptor", gefolgt von "tcsetattr: Invalid argument (line 1010)"; und einem lapidaren "Exit". In diesem Zustand reagiert die Karte beim folgenden Verbindungswiederaufbauversuch schon auf das "ATZ" gar nicht mehr; man muss das usbserial-Modul entladen, die Karte einmal kurz ziehen und wieder von vorne anfangen. Entlädt man das usbserial-Modul nicht, bleibt es eventuell im Speicher kleben, lässt sich auch mit rmmod -f nicht mehr entfernen und natürlich für die neu eingesteckte Karte nicht mehr neu laden: Reboot tut
gut.

Auf dem kurzen Stück Neubaustrecke zwischen Kassel-Wilhelmshöhe ist nach wie vor wenig bis gar nichts, nicht einmal der über 10 km lange Mündener Tunnel ist inzwischen für GSM oder UMTS erschlossen. Die Mobilfunkanbieter sehen bahnfahrende Reisende immer noch nicht als Kunden, da wird lieber das letzte bisschen Pampa-Autobahn lückenlos ausgeleuchtet.

Auch auf der Weiterfahrt bis Hamburg ist bestenfalls von "manchmal geht es" zu sprechen. Zum interaktiven, ernsthaften Arbeiten ist das völlig unbrauchbar. Zum Mails in den Offline-IMAP-Client reinziehen vielleicht schon eher.

Und: Das ständige Blinken der Karte, und das auch noch in zwei Farben, nervt.

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