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Das heilige Blech abstellen

Schon in den 1930er Jahren wurde in Deutschland erkannt, dass dem Deutschen Bürger recht bald das Auto über Alles gehen wird und mit der Reichsgaragenordnung festgelegt, dass jeder Wohnneubau eine gewisse Anzahl von Garagenplätzen mit sich bringen soll. Im Zuge des autogerechten Umbaus der Städte wurde das dann auch konsequent umgesetzt. Über den daraus entstehenden Unfug in den Neubaugebieten unserer Zeit möchte ich in diesem Artikel berichten.

Irgendwann haben nämlich die Kommunen erkannt, dass es doch viel praktischer ist, wenn man gar keine Parkplätze mehr selbst bauen muss, weil man doch die Last des Parkplatzbaus an die Häuslebauer abtreten kann. So entstanden Landesgesetze, die einem Häuslebauer beispielsweise vorschreiben, dass er gefälligst den kompletten Vorgarten seines sechs Meter breiten Reihenmittelhauses für die Schaffung von zwei PKW-Stellpätzen zu opfern hat.

Sind in dem Haus zwei Wohneinheiten vorgesehen, sind drei Stellplätze notwendig; zwei Häuser mit jeweils einer Wohneinheit brauchen vier. Und das unabhängig davon, wo die Hütte gelegen ist. So könnte man seine Terrasse auf dem Bahnsteig einer im Fünfminutentakt befahrenen Straßenbahnstrecke haben, Stellplätze braucht man trotzdem.

Das führt natürlich dazu, dass auf den teuer einzeln bezahlten Stellplätzen ein "my home is my castle" Effekt einsetzt und selbst diejenigen, die nur ein eigenes oder gar kein Auto haben, mit Argusaugen darauf wachen, dass bloß niemand "Fremdes" auf dem eigenen Stellplatz steht. Was dies bedeutet, wenn einer der Nachbarn motorisierten Besuch bekommt, und das vielleicht nicht nur von einer Familie, sondern gleich von mehreren, braucht man sich ja nicht auszumalen: Mangels öffentlichem Parkraum hat man nicht nur Ärger wegen der lauten Musik, sondern auch noch wegen der Falschparker, oder der sich laut unterhaltenden Gäste, die mitten in der Nacht zu ihrem in handlichen 2 km Abstand geparkten Autos laufen.

Und so führt eine eigentlich sinnvolle Bestimmung dazu, dass die Kommunen ihre eigenen Urpflichten auf Privathaushalte abwälzen, und somit eine gemeinschaftliche nutzbare Ressource plötzlich zum Privateigentum wird. Davon hat niemand wirklich effektiv was, aber hauptsache alles hat seine Ordnung. Schade drum.

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Dietz Pröpper on :

Eine kleine Anmerkung, zumindest $hier schreibt niemand vor, wie die Stellplätze genau auszusehen haben.

Daher kann man z.B. einen (ungenutzten) Stellplatz problemlos nach Fertigstellung des Hauses zurück in einen Teil des Vorgartens verwandeln.

(Was das Besucherproblem natürlich nicht vereinfacht ;-)

Princess on :

Klingt ja schon.... bürokratisch-deutsch. Aber vielleicht wirds ja auch gar nicht SO schlimm wenn Ihr da erstmal wohnt. Soll ja auch normale Menschen und Nachbarn geben. Nicht so schwarzsehen!

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