Paris VII - Train a Grande Verspätung
Wieder am Gare de l'Est angekommen, holen wir das Gepäck aus der Aufbewahrung und stellen uns an den Querbahnsteig. Auf einem der Gleise steht ein unbeschriftetes TGV-Doppelpack bereit, aber nach französischer (Un)sitte wird die Belegung der Gleise erst ganz kurz vor der Abfahrt des Zugs bekanntgegeben.
Naja, bei uns ist es nicht "ganz kurz", sondern wir müssen nur etwa eine Viertelstunde warten, bevor - etwa 20 Minuten vor Abfahrt) - uns bekanntgegeben wird, dass es sich bei dem Doppelpack wirklich um die beiden TGVs nach Stuttgart (vorderer Zugteil) und Strasbourg (hinterer Zugteil) handelt. Der Zug ist ganz schön lang; unsere reservierten Plätze sind im drittvordersten Wagen, was ca. 350 Meter Fußweg ausmacht. Vermutlich wäre der Weg vom Querbahnsteig des Gare du Norde kürzer gewesen.
Der Zug ist innendrin deutlich bunter als ein ICE, und nicht ansatzweise so eng wie befürchtet. Ich sitze ähnlich bequem wie im ICE, und es fallen sogar Designfeinheiten wie die extra herausklappbaren Getränkehalter auf, die es einem ermöglichen, etwas auf dem Schoß zu lesen UND ein Getränk halbwegs sicher abstellen zu können. Leider sind unsere Plätze entgegen der Fahrtrichtung, was ich bei einer Erstfahrt auf einer bis dato unbekannten Strecke nicht so mag.
Ich hatte ja darauf spekuliert, in einem Zug, der parallel zum Eröffnungsspiel der Fußball-WM verkehrt, weitgehend alleine zu sein, aber weit gefehlt: Zumindest unser Wagen füllt sich bis auf den letzten Platz. Mit knapp fünf Minuten Verspätung verlassen wir den Bahnhof und heizen bis nach Baudrecourt. Entweder ist das nördliche Streckengleis sauberer verlegt als das südliche oder das französische Fahrzeug kommt mit dem französischen Gleis erheblich besser klar: Der TGV liegt im Gegensatz zum ICE wie ein Brett auf der Schiene und man könnte die Fahrt sogar als angenehm bezeichnen.
Die darauf folgende Gurkerei durchs Elsaß ist wenig erbaulich. Wer als Deutscher über die Fahrt durch den Pfälzer Wald lästert, sollte sich mal das Elsaß angucken - nach der Fahrt mit 320 km/h kommt einem die beschauliche Fahrt über die Altbaustrecke noch langsamer vor.
Auch hier kommen die Ansagen dreisprachig unter zu häufiger Verwendung von "SNCF und DB, Mitglieder der RailTeam Allianz". Der französische Zugchef ist allerdings viel strenger und weist energischer darauf hin, wie man sich im Zug zu verhalten hat. Auch der wiederholte Hinweis auf die "obligatorischen" Namensetiketten am Gepäck fehlt nicht.
Die Fahrkartenkontrolle wird in unserem Wagen von einem in DB-Uniform steckenden französischen Muttersprachler erledigt, der mit einer Mitfahrerin mit unvollständig ausgedruckem Onlineticket auch dann konsequent weiter französisch spricht, als sie ihm zu Verstehen gab, dass sie deutsche ist. Für das Telefonat mit der Onlinetickethotline geht er in den Wagenübergang, so dass ich nicht mitbekomme, in welcher Sprache das Gespräch stattfindet.
Die Zugtrennung in Strasbourg ist seltsam: Der Zug hält am Bahnsteig, die Türen bleiben geschlossen. Nach der Öffnung der Kupplung fährt der vordere, später nach Deutschland weiter verkehrende Zugteil ein Stück vor; erst dann werden die Türen freigegeben. Normalerweise haben die Franzosen weniger Angst davor, einen Zug, in den gerade ein- und ausgestiegen wird, langsam um einen Meter zu bewegen. Nach der Strasburger Stadtrundfahrt sind wir dann wieder in Deutschland.
Kurz nach der Einfädelung in die Hauptstrecke Offenburg-Karlsruhe bleiben wir dann mit einer Triebfahrzeugstörung liegen. Uns wird angekündigt, dass die Behebung etwa 15 Minuten dauern wird; nach 17 Minuten geht es dann weiter. In Karlsruhe haben wir eine knappe halbe Stunde Verspätung, die die 35 Minuten Umsteigezeit in Karlsruhe auf gerade noch komfortable fünf Minuten eindampft. In Mannheim werden wir von Sandras Kollegin, die sich in unserer Abwesenheit auch um die Katzen gekümmert hat, abgeholt, und der Kurzurlaub endet.
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