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Neue Brille VI

Ein paar Monate nach dem letzten Artikel zum Thema "neue Brille" kommt hier nun der vorläufige Abschluss der Saga. Executive Summary: Auf den Optiker zu hören war richtig.

Inzwischen kann ich ja auch die Katze aus dem Sack lassen, dass Sandra, die in den ersten Artikeln dieser Serie bereits mehrfach erwähnte Optikerin, seit April dieses Jahres meine Freundin ist und ich in der Beziehung mit ihr so glücklich bin wie niemals zuvor. Danke, mein Schatz! Schön dass es Dich gibt.

Kurz nach dem letzten Artikel zum Thema habe ich eine Brille bestellt, in der von Sandras Chef vorgeschlagenen Stärke. Sandra hatte einige für mich passende Fassungen bestellt. Die Auswahl fand im Rahmen eines Spieleabends bei Rince in Stuttgart statt und hat viel Spaß gemacht. Die endgültige Auswahl fiel dann auf eine Eschenbach-Titanflex-Fassung in der für mich passenden Größe 53/19.

Schwerer war die Auswahl der richtigen Gläser: Prismengläser sind ziemlich teuer, und es ist nicht klar, ob ein neu mit Prismen versorgter Kunde die Gläser annimmt. Es gibt da wohl eine nicht vernachlässigbare "Ablehnungsquote". Aus diesem Grund mag ich zunächst nicht die von Sandra vorgeschlagenen superentspiegelten Kunststoffgläser nehmen, weil mit diesen Gläsern die Brille weit über fünfhundert Euro kosten würde. Mineralgläser mit Prisma sind dann gegenüber "normalen" Gläsern nur noch doppelt so teuer. Wie der Preisunterschied zu günstigen Angebotsgläsern (die für meine klassische Fehlsichtigkeit völlig angemessen wären, wenn die Prismen nicht wären) ist, mag ich mir gar nicht ausmalen.

Da nicht sicher ist, ob ich die Gläser lange tragen werde, optimieren wir. Zur Bestellung kommen - gegen Sandras Protest - superentspiegelte Mineralgläser von Rodenstock. Ihre Einwände sind: Die Brille ist mit Mineralgläsern um die Hälfte schwerer (36 Gramm statt 25), die Gläser zerbrechen wenn die Brille runterfällt und nach Unfällen darf man sich die Glasscherben aus der Wange und ggf. aus dem Auge pulen lassen. Meine Argumente sind: Lassen wir für den Testballon mal kostenmäßig die Kirche im Dorf! Die bestellte Brille kostet im Listenpreis dann "nur" knapp vierhundert Euro.

Die Gläser werden Freitag abend bestellt und sind am Montag mittag geliefert, was ich für Gläser mit Zylinder und Prisma als beeindruckend schnell empfinde. Die Brille ist am Montag noch fertig; ich überweise den Rechnungsbetrag und hole die Brille am Dienstag ab. Durch die Prismen mit Basis außen sehen die Gläser in der Fassung auf den ersten Blick ziemlich schräg aus: Außen sind es über 5 mm starke Bauklötze und innen total filigrane Gläser. Das fällt aber zum Glück kaum auf, weil Sandras Chef die Gläser sehr schön geschliffen hat und die dicke Seite der Gläser zu einem Viertel außen, zu einem Viertel in der Fassung und zu zwei Vierteln innen liegt. Gut gelungen, Glückwunsch. Aber: Solche Gläser will man in Fassungen einbauen, die das Glas komplett umfassen; für den Einbau in Faden- oder Bohrbrillen ist das Glas auf der Innenseite zu filigan. Will man sowas haben, muss das Glas in stärkerem Material bestellt werden und wird dann noch schwerer, noch teurer und außen noch dicker. Kommt nicht in Frage, schade drum.

Die Eingewöhnung geht schneller als die Gewöhnung im April an die Gläser mit zylindrischer Komponente. Die Perspektive ist natürlich auch verschoben, weil die neuen Gläser auch wieder einen Zylinder haben (aber keinen so starken). Aber die befürchtete Eingewöhungszeit ist schnell vorbei und ich traue mich schon am nächsten Tag wieder auf den Fahrersitz eines Autos.

Stand heute habe ich die Brille jetzt vier Monate lang getragen und bin zufrieden und glücklich. Dadurch, dass die "klassische" Korrektur viel geringer ausfällt als bei den bisherigen Brillen (ich trage jetzt sphärisch Null und zylindrisch -0.25 und -0.75 Dioptrien), trage ich die Brille immer: Sowohl Autofahren als auch am Rechner sitzen oder lesen funktionieren hervorragend. Durch die Prismen gibt es beim Auf- und Absetzen erstmal fiese Doppelbilder; die Augen zeigen aber sehr deutlich, welche Position sie lieber einnehmen: Beim Aufsetzen macht das einmal "Klack-Klack" und die beiden Bilder sind wieder fusioniert. Das fühlt sich an, als ob da etwas in einer "richtigen" Position einrastet. Beim Absetzen der Brille laufen die beiden Bilder widerwillig zusammen, und es dauert etwa fünf Sekunden bis das Bild wieder stabil ist. Mit aufgesetzter Brille fühlt sich auch lange andauernde konzentrierte Bildschirmarbeit noch entspannt an. Und das allerwichtigste: Ich habe viel weniger Kopfschmerzen als früher.

Vor der Prismenbrille hatte ich bestimmt sechsmal im Monat so starke Kopfschmerzen, dass ich trotz Schmerzmitteln nur noch mit Eisbeutel auf der Stirn im Bett liegen konnte - an Lesen oder gar Arbeiten war nicht zu denken. Seit ich die Prismenbrille trage, sind zwei Kopfschmerztage im Monat noch viel. Ich habe durch die Prismenbrille einen erheblichen Gewinn an Lebensqualität und ärgere mich schwarz darüber, über zehn Jahre lang mit einer Brille herumgelaufen zu sein, die eine nicht vorhandene Weitsichtigkeit korrigieren wollte.

Da Winkelfehlsichtigkeiten vom Körper (unter Protest) korrigiert werden, braucht es nach der Versorgung mit einer Prismenbrille ein paar Monate, bis sich der Körper an die Korrektur gewöhnt hat und die in der Augenmuskulatur entstandenen Krämpfe sich gelockert haben. Deswegen ist es nicht selten, dass ein halbes bis ein Jahr nach der Versorgung mit Prismen bei einer neuen Messung nach Haase neue Werte herauskommen. Das wird von MKH-Gegnern üblicherweise als "durch die Prismenbrille wird die Winkelfehlsichtkeit stärker gemacht" interpretiert; ich folge hier aber den MKH-Befürwortern, die eher den Standpunkt vertreten, dass sich die wirkliche Stärke der Winkelfehlsichtigkeit halt erst dann messen lässt, wenn sie vollständig auskorrigiert ist und sich über längere Zeit die Werte nicht mehr geändert haben. Jedenfalls rechne ich also damit, im nächsten Frühjahr noch einmal neue Gläser zu brauchen. Und die werden dann sicher aus Kunststoff sein.

Und die Moral von der Geschicht: Auch im Bereich der Augenoptik gibt es wenige Leute, die ihr Handwerk verstehen und die sich auch an "exotische" Arbeitsmethoden herantrauen. Ich habe das große Glück, an so jemanden geraten zu sein und habe nicht nur weniger Kopfschmerzen und eine höhere Sehleistung, sondern auch eine sehr liebenswerte Freundin gewonnen. Schön.

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Comments

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Thilde on :

Na, dann ist es ja gut, dass ich auch gleich meine neue Brille bei Sandra abholen fahre. :-)

Waszszaf on :

Na, dann wünsche ich dir guten Durchblick. :-)

Ich habe nun auch eine neue Brille. Das Aussuchen ging extrem schnell, danach begannen aber dieProbleme:

Die ersten vier Wochen war ich ständig beim Optiker, weil die Brille drückte.

"Drücken" ist dabei eigentlich kein angemessener Ausdruck; die Bügel scheuerten mir das Ohr wund.

Nachdem das abgeheilt war und ich im Optikergeschäft beim vierten oder fünften Versuch dann einen offenbar erfahreneren Mitarbeiter fand, der wußte, wie man die Bügel biegen kann (die vorher haben die Bügel nicht verbogen, sondern eigentlich nur enger gestellt), ging es dann.

Waszszaf on :

Und natürlich drückt sie, ein Vierteljahr nach Kauf, noch immer.

Ich habe jetzt vorübergehend mal die vor-vorletzte Brille auf (die letzte hats ziemlich zerbröselt), und werde erstmal meine Ohren mit Wundsalbe behandeln.

So wie sie jetzt sind, kann es gar nicht besser werden, egal, wie die Bügel gebogen werden. :-(

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