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Heim.

Am Sonntag morgen kann man von Alp Grüm aus zwar ein bisschen gucken, strömender Regen lässt allerdings keine Lust auf Outdoor-Aktivitäten aufkommen. Nach dem Frühstück räume ich mein Zimmer und verbringe Vormittag und Mittag arbeitend in der Gaststube. Ab elf füllt es sich zunehmend mit Tagesgästen, ich blockiere einen Vierertisch mit Blick und es traut sich niemand, sich zu mir zu setzen, so dass ich mich schließlich dezent in den Nebenraum an einen Tisch mit ohne Blick verkrümele und noch ein bisschen mit dem Nitrokey spiele.

Um kurz nach zwei geht es dann auf die insgesamt siebzehnstündige Heimfahrt, die allerdings nicht heim, sondern zum Kunden nach Frankfurt führt.

Aufgrund der einschlägigen Erfahrungen mit der DB auf der Hinreise und dem sowieso nicht zum Verbleib einladenden Wetter auf der Alp disponiere ich um, lass mir vom DB Navigator eine Verbindung mit mindestens zehn Minuten Umsteigezeit geben und lande dann - wie die debx-Tour im März 2017 - bei der schon von Ralf verbloggten Talfahrt über St. Moritz und den Vereinatunnel nach Landquart.

Doch davor muss ich noch meine Zeche auf der Alp bezahlen. Die Kreditwürdigkeit meinee Mastercard scheint durch die abgelehnte Aufladung der Lycamobile-SIM nachhaltig beschädigt zu sein, denn nach einer Ablehnung meiner Karte durch das Gerät muss der Wirt seine Bank anrufen, meine Kreditkartendaten telefonisch durchgeben und eine sechsstellige Nummer in sein Gerät eintippen. Schließlich darf ich dann endlich unterschreiben und bin froh, dass ich mir eine Dreiviertelstunde Pufferzeit zum Zug eingeplant hatte.

Wie schon geübt, steige ich in die führende Allegra und nutze die Stunde Talfahrt dazu, meine Telefonakkus noch einmal voll zu machen. Mein schönes Vierfach-Reise-Ladegerät ("El Brocko") passt in die Steckdosen der Allegra nur hinein, wenn man den Sitz derweil zur Seite drückt.

Die Rangiergymnastik beim aus Altmaterial gebildeten Zug St. Moritz - Vereina - Landquart findet im September noch wie im März statt. Die RhB hat einen größeren Posten Steuerwagen bestellt, der allerdings noch nicht geliefert zu sein scheint. So lange der Betrieb noch so weiter laufen muss, ist der Umbau zum Kopfbahnhof (der vermutlich der Barrierefreiheit geschuldet war) betrieblich ein großes Hindernis.

Der Zug ist mäßig bis schlecht ausgelastet; ich teile mir den Wagen mit maximal zwei Mitfahrern. Die größte Zeit der Fahrt habe ich völlig meine Ruhe. Das Prättigau ist inzwischen ziemlich gut mit Doppelspurinseln ausgestattet, was dem dichten Verkehr (Davos, Scuol, St. Moritz) sichtlich gut tut; nach der Ablieferung der neuen Flügelzüge wird sich das ja wieder ein wenig entspannen, wenn ein Drittel der Zugfahrten zwischen Landquart und Klosters wegfällt.

Die knappe Dreiviertelstunde Wartezeit in Landquart wird ein bisschen öde, geht aber dann doch irgendwann vorbei. Im Doppelstockzug nach St. Margrethen bleibt meine Fahrkarte wieder unkontrolliert. Dort habe ich dann nochmal etwas mehr als eine halbe Stunde Zeit bis zum EC in Richtung München. Der Gegenzug kommt, mit einer Re421 in Cargo-Livree bespannt und ich bin erstaunt, als nach der Einfahrt der Bügel runtergeht. Wird der Zug etwa in fünf Minuten umgespannt? Aber nein, es geht dann der andere Bügel hoch (natürlich, das ist dann der mit der schmalen Wippe) und der Zug fährt nach dem Abwarten einer einfahrenden S-Bahn mit feindlicher Fahrstraße mit ein paar Minuten Verspätung in Richtung St. Gallen weiter.

"Mein" Zug kommt sogar mit einer Doppeltraktion Re421 angefahren, die die zueinander zeigenden Bügel gehoben haben. Dumm gelaufen, das ist lauftechnisch sicher nicht so toll. Der Tf wird gewechselt; das DB-Zugteam nicht. Ich zeige der Zugbegleiterin die Fahrkarte und meine BC100 und sage "ich umfahre die Rheintal-Sperrung weiträumig, ab Lindau gilt dann die schwarze". Die Zugbegleiterin denkt ein bisschen nach, zieht dann die schon angesetzte Zange ohne "abzudrücken" zurück und gibt mir die Karte mit "passt schon, gute Reise" zurück. Ob da jemand nicht dokumentieren wollte, die Fahrkarte abseits ihrer Gültigkeit anerkannt zu haben?

Eine Mitreisende fragt mich kurz nach der Abfahrt, ob ich einen Stift für sie hätte. Ich verneine wahrheitsgemäß und frage sie direkt zurück, ob sie eine Büroklammer hätte (damit ich die SIM in meinem Internet-Telefon wechseln kann). Hat sie nicht, aber eine Nadel. Die löst aber seltsamerweise den Kartenslot-Mechanismus nicht aus, verklemmt sich aber so fest in meinem Telefon, dass ich die Zange vom Swisstool brauche, um sie wieder zu entfernen. Nun denn, machen wir mal Daten mit Vodafone und lassen das andere Telefon Mobilen Hotspot spielen. Die Funktion ist bei LineageOS so gut versteckt, dass ich zuerst denke, die Hardware von Nexus 5 würde das nicht unterstützen, aber schließlich finde ich die Funktion doch.

In Lindau ist Lok- und Fahrtrichtungswechsel. Ich bin nun im letzten Wagen und bekomme nicht einmal mit, ob wir jetzt von einer einzelnen BR 245 oder vom bisher üblichen 218-Doppel traktiert werden. Und so weiß ich bis jetzt nicht, ob ich meine Jungfernfahrt mit dem meiner Meinung nach wegweisenden Mehrmotorenkonzept nun schon hinter mir habe oder nicht. Inzwischen ist es stockdunkel, ich hole das Notebook raus und arbeite ein wenig, was im von Vodafone nur lückenhaft mit UMTS versorgten Allgäu durchaus anspruchsvoll ist, und das Nexus 5 ist dummerweise nicht LTE-fähig.

Buchloe erreichen wir fünf Minuten vor Plan. Meine Idee, mich im RE nach Augsburg zu erleichtern, fällt wegen zwei unbenutzbarer Toiletten (darunter eine _wirklich _eklig) aus. In Augsburg esse ich zunächst zu Abend, ärgere mich dann darüber, dass der McDonald's keine eigenen Toiletten hat und investiere schließlich einen Euro in die Bahnhofstoilette. Natürlich ist der Coupondrucker defekt, so dass ich nichtmal die Möglichkeit habe, mir einen Teil des Unverschämten Betrags zurückzuholen.

Augsburg Hbf ist eine heftige Baustelle, ein Großteil der Geschäfte ist in ein Containerdorf umgezogen, kein gemütlicher Ort. Ich setze mich auf den Bahnsteig und warte auf den EuroNight. Der kommt einige Minuten vor Plan. Der Liegewagenschaffner interessiert sich weder für meine Reservierung noch für meine Fahrkarte und wünscht mir nur eine Gute Nacht. Im Abteil ist kein Platz für meinen Koffer, da sich meine Mitschläfer auf den Gepäckablagen schon total breit gemacht haben und sie schon schlafen. Ich lege meinen Koffer schließlich mitten in den Gang. Soll halt jemand drüber fallen. Ich schlafe dafür, dass die untere Liege in diesem Wagen nichtmal waagerecht, sondern deutlich zur Wand geneigt ist, ziemlich gut und wache erst auf, als sich bei der Durchfahrt durch den Schwarzkopf-Ersatztunnel die Akustik ändert.

Laut meinem GPS-Track macht der Zug in Nürnberg eine ziemlich lustige Stadtrundfahrt, um den sonst fälligen Fahrtrichtungswechsel zu vermeiden, und benutzt dann von Würzburg bis Lohr die Altstrecke.

Die Fahrt über Aschaffenburg und Hanau ist langsam, weil wir ziemlich vor Plan sind. Ich verwerfe meine Planung, die überflüssige Zeit durch eine Stichfahrt zum Flughafen zu töten, steige schon in Frankfurt Süd aus und mache eine S-Bahn-Runde nach Frankfurt West und zurück. Lounge fällt leider aus, öffnet erst um sieben. Schade. Um 06:30 Uhr beginne ich dann beim Kunden mit der Arbeit; die Rückfahrt am Nachmittag ist ebenfalls streßfrei. Und so endet mein Retreat.

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