Liebe Manager bei den Filmverleihen
In den 90ern war ich Euer Traumkunde. Es verging kaum eine Woche, in der ich nicht mindestens zweimal im Kino war; oft war es dreimal oder viermal. Ihr habt bestimmt Tausende an mir verdient. Aus irgendwelchen Gründen hat das dann etwas abgenommen.
Dann habt Ihr angefangen, Eure Kunden zu schikanieren. Zuerst gab es nur Werbespots, die eindringlich davor warnten, dass Raubkopierer Verbrecher sind. Nicht nur ich habe dies übelgenommen. Aber schließlich ist Eure Rechenart, dass jeder Download aus dem Internet gleich eine weniger verkaufte Kinokarte ist. Das ist eine Milchmädchenrechnung, das habt Ihr vielleicht auch schon kapiert. Und einige Leute sind nach dem Aufkommen Eurer "Werbespots" einfach seltener ins Kino gegangen, weil sie sich nicht beschimpfen lassen wollten, von denen, denen sie gerade Geld gegeben hatten.
Dann kam die Sache mit den Nachtsichtgeräten. Da gucken Eure SpannerMitarbeiter während des Films dem Publikum beim Knutschen zu, weil ja jemand die Vorstellung von der Leinwand abfilmen könnte. Das haben sich manche Eurer Kunden gefallen lassen, andere sind einfach seltener ins Kino gegangen.
Und jetzt habt Ihr es auch bei mir geschafft, dass ich keine Lust mehr habe, Euch mein Geld zu geben. Ich wollte heute mit meiner Frau ins Kinopolis. Da ich spät arbeiten musste, hat sie mich direkt vom Bürohaus des Kunden abgeholt. Wir haben unsere vorbestellten Karten bezahlt und sind ins gegenüberliegende Schnellrestaurant gegangen. Und als wir dann ins Kino wollten, sollte ich meinen Rucksack abgeben. Da könnte ja schließlich ein Aufnahmegerät drin sein. Ok. Da war wirklich ein Aufnahmegerät drin, nämlich mein Notebook. Dasjenige Notebook, dessen Ersatz im Diebstahlsfall mich für die Wiederbeschaffungs- und Wiederinstallationszeit locker einen vierstelligen Betrag an Umsatzausfall kosten würde und das deswegen "Am Mann" bleiben muss. Geht nicht. Auch der Manager sagt, Geht nicht. Gut, dann geht's halt nicht. Und Ihr habt wieder einen Kunden weniger.
Und ich fühle mich dort, wo ich als Gefahr und nicht als Gast gesehen werde nicht wohl. Und wo ich mich nicht wohl fühle, bleibe ich nicht länger als unvermeidbar. Immerhin habt Ihr uns die Karten anstandslos zurückerstattet, und da die Vorstellung zu diesem Zeitpunkt schon begonnen hatte, ist auch relativ sicher, dass Ihr diese beiden Karten für diese Vorstellung nicht mehr an andere Menschen verkaufen konntet. _Das_ ist wirklich Euer Schaden. Und natürlich der Schaden, den Ihr durch mein zukünftiges Wegbleiben haben werdet. Denn ich werde in Zukunft, wenn ich meinen ganzen Tag so planen muss, dass ich möglichst ohne Rucksack zum Kino komme, sicherlich seltener Lust dazu haben, einen Film im Kino zu sehen. Denn irgendwann wird auch er auf DVD veröffentlicht.
Und ich glaube Euch auch, dass der Versuch, uns bei der Rückerstattung des Eintrittspreises noch um einen Euro zu betupfen, wirklich ein Versehen war. Es wäre aber nett gewesen, wenn man Euer "Du kommst hier net rein" schon beim Kartenkauf hätte bemerken können. Dann hätten wir uns nämlich das ungesunde Junk-Food-Essen und obendrein eine Stunde Zeit sparen können.
Vielleicht lasst Ihr Euch solche Geschichten in euren schönen repräsentativen Büros im 28ten Stockwerk mal durch den Kopf gehen und begreift auch mal, dass Eure Umsatzrückgänge nicht unbedingt komplett auf die bösen Raubkopierer zurückzuführen sind, sondern auch daran, dass Ihr Eure zahlenden Kunden aktiv wegekelt. Denn wir haben Alternativen.
Comments
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Konni Scheller on :
Leider ist DvD nicht wirklich eine Alternative, sind dort doch auch die nervtötenden "Raub"-Kopiererhinweise.
Marc 'Zugschlus' Haber on :
Die kann man mit geeignetem Wiedergabegerät wegdrücken.
partim on :
Sicher, allerdings habe ich da keine Lust zu. Ich will eine neue DVD einfach in den DVD-Player packen und anschauen. Aber wenn man gleich als allererstes der Raubkopiererei bezichtigt wird, dann eine Belehrung über die Urheberrechte bekommt, dann noch eine Belehrung, dass die Aussagen in den Interviews alle gar nicht so gemeint sind, und sich dann noch stundenlang durch irgendwelche sinnlosen Firmenlogos quälen muss, dann fragt man sich schon, wieso man eigentlich den umständlicheren Bezugs- und Aufbewahrungsweg wählt.
Irgendwie drängt sich dann schon der Gedanke auf, dass man den Kram einfach irgendwo heruntertorrenten könnte. Nicht, weil das nichts kosten würde, sondern weil man einfach genau das bekommt, was man will.
Letztlich das selbe wie deine Kino-Story. Paranoide Manager machen sich einen Markt kaputt. Und reissen eine gesamte Branche (hier Kinobesitzer, da Medienläden) mit in den Tod.
Matthias on :
Das Gefühl, nicht als Kunde, sondern als Feind oder Verbrecher wahrgenommen zu werden, kann ich gut nachvollziehen. Darauf hab' ich auch überhaupt kein' Bock!
Dazu kommt, dass ich ganz subjektiv die Filme von heute schlechter finde, als die von vor 10 - 15 Jahren. Mag auch ein Faktor von dazugewonnener Lebenserfahrung sein.
Manu on :
Was mich auch noch stört sind ja die einfach nur noch unverschämten Preise: 8€ für einen Film am Wochenende? Geht's noch? Will garnich daran denken, was passiert, wenn der Film auch noch zu lange gerät... und dann gibts für sensationelle viel-€ noch ein kleines Wasser – der Verzehr selbst mitgebrachter Speisen und Getränke ist ja verboten.
daFux on :
Willkommen im Club. Ich habe auf der Liste der Nervigkeiten noch: Andere Personen in der Vorführung. Ausgiebstes Quatschen mit den Kumpels, LAUT; und natürlich noch das klingelnde Handy mittendrin. Der öffentliche Raum verkommt halt, und "Gar nicht mehr rausgehen" gewinnt immer mehr an Charme.
Da geb ich mir den Film wirklich lieber zuhause. Irgendwann dann auch mal mit Beamer und guter Anlage.
tarzun on :
Mir hats es schon vor drei Jahren gereicht: http://tarzun.de/archives/161-Kinofrust.html
Immerhin konntest Du noch in Ruhe essen und musstest nicht trotz Vorbestellung ewig vorher da sein...
Moss on :
Viernheim? Tjaja … nicht, dass die anderen dieser Riesenkinoburgen anders wären. Dabei gibt es doch immer noch die kleinen Kinos in der Stadt (wenn auch die meisten inzwischen auch zu Kinoketten gehören) statt irgendwo draußen im Industriegebiet oder im seelenlosen Einkaufsbunker. Bei den meisten kann man seine Karten genauso vorbestellen, man kriegt drumherum auch richtiges Essen in angenehmer Umgebung, und man kann hinterher auch noch was trinken gehen, ohne erst noch -zig Kilometer fahren zu müssen.
Marc 'Zugschlus' Haber on :
Was für den einen der Vorteil, ist für den anderen der Nachteil. Wir haben nach Viernheim in etwa dieselbe Fahrzeit wie in die Quadrate, parken in akzeptabler Nähe zum Kino, und kostenlos.