Treffen des Abijahrgangs 1988
Ich gehöre wohl zu den wenigen Menschen, die die letzten drei Jahre der Schulzeit genossen haben wie keine Zeit davor und bisher auch keine Zeit danach. Das waren einfach geniale drei Jahre, mit viel Spaß, Parties und dem gemeinsamen Ziel des Abiturs. Das ich im Juni 1988, vor ziemlich genau 20 Jahren, erreicht habe.
Und wir hatten am Wochenende ein Klassentreffen. Das erste "offiziell" organisierte, von dem auch ich erfahren habe.
Martin Schmidt hat den Abend organisiert und schon ein paar Monate vorher per Mail zum Treffen in die Linde geladen. Ich habe daraufhin für Sandra und mich ein langes Wochenende in Hamburg angesetzt, und - nicht ohne ein ordentliches Magengrimmen - trägt uns der Spät-ICE am Donnerstag abend nach Hamburg.
Am Sonnabend packe ich dann schließlich die extra für dieses Event erstellten Visitenkarten (ich hab noch kein richtiges neues Visitenkarten-Design für die Ilvesheimer Adresse gemacht) ein und setze mich zuerst in die U-, und dann in die S-Bahn. Den Blankeneser Bahnhofsplatz erkenne ich nicht wieder: nicht einmal mehr die Richtung der Einbahnstraße ist noch so, wie sie es vor zwanzig Jahren war. Die Busse in Richtung Westen halten nun direkt an der Hauptstraße; die Busse in RIchtung Osten machen einen Schlenker am Bahnhofsgebäude entlang. Das hat den Vorteil, dass man zwischen Bus und Bahn umsteigen kann, ohne die verkehrsreiche Straße (ob sie dort noch Blankeneser Landstraße oder schon Dockenhudener Straße heißt, weiß ich gar nicht) zu überqueren.
Mit jedem Schritt in Richtung Linde klopft das Herz schlimmer, denn ich habe eine Scheißangst davor, bei einem eventuellen "Mein Haus, mein Auto, mein Boot"-Wettbewerb dann doch eher weniger gut dazustehen - schließlich habe ich nicht nur mit Sascha 'Ision' Falk, sondern noch mit einigen anderen Blankeneser Kindern die Schulbank gedrückt, die vielleicht ein etwas glücklicheres Händchen bei ihren Geschäften gehabt haben.
Aber die Angst war völlig unbegründet. Ich bin etwa eine halbe Stunde nach Veranstaltungsstart in der Linde, die sich inzwischen von der ziemlich abgewirtschafteten Kneipe, die sie damals war, zu einem sehr hübsch eingerichteten Lokal gemausert hat. Leider läuft auf der Leinwand Fußball; aber das Personal ist so umsichtig, den Lautstärkelevel auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Es ist schon deutlich voller als ich erwartet hatte, vierzig Leute sind bestimmt schon da. Gut, wir waren ein Abijahrgang mit gut über einhundert Leuten, aber für ein erstes Treffen nach zwanzig Jahren ist das ja gar nicht schlecht. Ich bin von der ersten Sekunde in meinem Element. Weg ist die Befangenheit; zu aufregend ist das erste Wiedersehen mit den Leuten, die ich neun Jahre lang jeden Tag und dann zwanzig Jahre lang gar nicht gesehen habe.
Ich glaube, ich habe an keinem Abend meines Lebens zuvor so viele Kommentare über meine Größe gehört: "Mann bist Du groß geworden", "Warst Du eigentlich immer schon so groß?", "Ich hab Dich gar nicht so groß in Erinnerung". Aber die Antwort ist immerdieselbe: Ich war schon 1988 über 190 cm groß, und bin sicher seit dem Abitur nicht mehr maßgeblich gewachsen. Ich war zwar der drittjüngste im Abijahrgang, bin mir aber verhältnismäßig sicher, schon in der Oberstufe ausgewachsen gewesen zu sein. Seit dem Abi hab ich eigentlich nur in der Breite zugelegt.
Das Wiedererkennen verläuft auf unterschiedlichen "Ebenen". Einige Leute erkenne ich auf den ersten Blick: "Klar, das ist XY, nur halt 20 Jahre älter". Bei anderen braucht's den ersten Satz, um die Stimme zu erkennen oder ein paar Sekunden Gespräch, um die charakteristische Geste oder den Gesichtsausdruck zu erkennen. Und bei etwa einem Viertel der Leute bin ich der festen Überzeugung "Den hast Du noch nie zuvor gesehen".
Mit den Leuten, mit denen ich damals schon gut konnte, kann ich sofort reden als wären die 20 Jahre gar nicht gewesen, und bei den Leuten, mit denen ich damals schon nicht konnte habe ich mir auch heute kaum was zu sagen. Aber das ist kein Grund es nicht zu probieren. Im nu ist der Abend schon spät, und es lichtet sich. Schade, denn ich hätte noch mit vielen alten Freunden und Bekannten über die Vergangenheit reden können.
Auf der Rückfahrt nach Eppendorf per MItfahrgelegenheit wird mir dann nochmal Angst und Bange; die Fahrt ist, äh, durchaus sportlich und flott. Ich glaube, so schnell bin ich noch nie von Blankenese nach Eppendorf gefahren worden. Und das, obwohl der Weg alles andere als der kürzeste war. Wenn man es schafft, in dieser Art und Weise durch die Stadt zu rasen, und am Ende der Fahrt den Führerschein noch hat, dann lässt das nur einen Schluss zu: Es wird im Straßenverkehr in Deutschland viel zu wenig kontrolliert.
Bei der Fahrt durch den Harvestehuder Weg läuft im Radio die passende Musik, "Geile Zeit". Denn das war es wirklich. Und Juli haben noch in einem anderen Punkt recht: Es ist vorbei. Schade drum.
Comments
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flawed on :
Ich habe leider erst in den Wochen direkt nach meinem Abi gemerkt, wer in meinem Jahrgang eigentlich die coolen Leute sind und wer die A*****l***er. Schade drum.
Nächstes Jahr sind 10 Jahre rum. Mal sehen, ob es was "offzielles" gibt.