Ein gemütlicher Nachmittag mit Netgear-Schrott
Wie man mit anderer Leute Billigroutern so viel Zeit verbrät, dass ein richtiger Router auch nicht teurer gewesen wäre
$KOLLEGE bittet mich, seinen neuen DSL-Router einzurichten. Es ist ein Netgear wpnt 834, RangeMax? Wireless LAN “bis zu 260 Mbit/s”, kann WPA2, eingebauter Switch, eigentlich ganz hübsch. Das Webinterface ist auch einfach, also mal frisch ans Werk.
Auf dem Gerät installiert ist die Firmware 1.034 vom 2006-01-16. Ist von letzter Woche, also leidlich aktuell. Im Web finde ich auf netgear.com nur älteres (1.02x aus dem Dezember) und bei netgear.de auch die 1.0_34. Also beginnen wir mal mit der Konfiguration.
Die Zugangsdaten für sein 1und1-Billitsch-DSL hat der Kollege natürlich nicht parat, also konfigurieren wir das Ding mal mit einem Firmenaccount. Eingetragen, Test geklickt. Es kommt ein netter Fortschrittsbalken (rein zeitgesteuert per Javascript implementiert, wollen die mich verarschen?), jedoch funktioniert die Einwahl nicht. Also, suchen wir mal das Log.
Was, welches Log? Das Ding sagt einem wirklich nichts, ausser dass es einfach offline bleibt. Hat man also im Sinne der “Einfachheit”, auf dass auch Oma Druse das Teil versteht, die Debuggingmöglichkeiten weggelassen. Großartige Idee.
Support angerufen.
Der bestätigt mir, dass 1.0_34 die aktuelle Firmwareversion ist und stellt die üblichen DAU-Fragen, will den DSL-Anschluß und den Rechner als Ursache ausschließen. Ich ertrage ihn geduldig und gebe ihm brav die Antworten die er hören will. Als er mich schließlich dazu auffordert, den Firefox zu deinstallieren, weil dieser die Übertragung störe, bedanke ich mich freundlich für die “Hilfe” und beende das Gespräch. Ob da wohl jemand “Firefox” und “Firewall” durcheinandergewürfelt hat? Nun, am Ende kommt die Empfehlung, den Router auf die Fabrikeinstellungen zurückzusetzen (hatte ich schon mehrfach probiert) oder Windows neu zu installieren (Client ist kein Windows, aber das tut hier ja nix zur Sache).
Also, mit dem Netgear-Support kommen wir hier nicht weiter. Also ein weiteres Notebook auf das Ethernet zwischen Router und DSL-Modem gehängt und geschaut, was da über die Leitung geht. Man sieht schön viel PPPoE?-Geschnatter, allerdings keinen Authentifikationsversuch des Routers.
Langsam bekomme ich einen Verdacht, und probiere es mit meinem privaten Backup-T-Online-Account. Geht auf Anhieb. Ob der tnib-Accountname nach Schema “meinefirma-username#tnib@cx-dsl” Schuld ist? Nachdem wir uns langsam an die Geschichte rangetastet haben, kommen wir zum Ergebnis, dass der Router von einem Authentifikationsversuch Abstand nimmt, sobald ein “#” im Accountnamen vorkommt. Ob da ein taiwanesischer Webprogammierer den Eingabewert aus dem Webinterface 1:1 in die Konfigdatei eines pppd wirft?
Sind wir mal verwegen und probieren #. Tut. Hmpf. Manchmal ist es dann halt doch hilfreich, genauso wild um die Ecke denken zu können wir manche Entwickler.
Schließlich sind wir endlich online und es poppt eine Dialogbox auf.
“Es ist eine neue Firmwareversion 1.035 verfügbar. Wollen Sie installieren?” Ich springe fast im Dreieck: Hatte mir nicht die Herstellerwebseite und der Telefonsupport versichert, 1.034 sei aktuell? Nun, erstmal auf “Yes” geklickt. Wenige Minuten später ist der Router weg, und nach einem Powercycle meldet er sich wieder.
Mit Firmware 1.0_30.
Und authentifiziert sich nicht mehr.
GAAAAAAAH
Wir klatschen über das Webinterface per http-Upload die 1.034 wieder drauf und verifizieren das Spiel nochmal. Richtig, 1.035 wird angeboten, 1.0_30 installiert. Und nun das ganze nochmal von vorne.
Fazit: Vier Stunden Arbeit und Debugging weit über dem Durchschnittsanwender, um einen hundert-Euro-Router in Gang zu bringen.
Ein Support, der völlig überfordert ist, wenn man über die Dinge, die im Handbuch stehen hinausgehend fragen hat, ein Firmware-Chaos, ein schwerer Bug in der Routerfirmware und ein noch schwererer in der Webapplikation zum Autoupdate.
Finger Weg von Netgear!
Bleiben wir gespannt, wie der Anbieter mit den beiden klar formulierten über das Webinterface eingekippten Bugreports umgeht. Ich erwarte unpassende Textbausteine.
Inzwischen sind auch die Antworten eingetrudelt.
- Man bekommt eine Mail, in der steht, dass es eine Antwort zum Supportrequest gibt.
- In dieser Mail steht die Antwort selbst nicht drin.
- Man muss sich im Netgear-Support-“Portal” einloggen, um die Antwort lesen zu können.
- Das Passwort dazu steht in keiner der automatisch erzeugten Mails.
- Man muss zuerst über “Send me my password” das Passwort zumailen lassen.
- Dann endlich kann man die Antworten sehen.
Der eine Fall wurde beantwortet mit “Vielen Dank für Ihren Hinweis, wir leiten Ihre Nachricht weiter”.
Die Antwort auf den zweiten Fall ist so “schön”, dass ich sie hier wörtlich zitiere:
1/30/2006 8:43:00 AM
Guten Tag,
bitte entschuldigen sie die Wartezeit, wir hatten technische Probleme.
Um technischen Support zu erhalten, muessen Sie Ihr NETGEAR-Produkt zuerst registrieren.
Dieser Fall wird geschlossen. Bitte oeffnen Sie nach der Registrierung eine neue Anfrage und schildern Sie uns das Problem erneut.
Mfg,
NETGEAR Support
Ich übersetze: Wir werden Ihre klar formulierte Meldung nicht einmal zur Kenntnis nehmen, bevor Sie uns nicht alle Ihre persönlichen Daten überlassen haben, damit wir Sie auch korrekt und ordentlich mit Werbung zukippen können.
Das Fazit lautet weiterhin: Netgear meiden. Unbedingt. Die Produkte sind unfertig, schlecht getestet, und der Support ist eine bodenlose Frechheit.
Noch ein Nachtrag: Netgear hat diesen Blogeintrag tatsächlich gelesen und stört sich erwartungsgemäß an meiner Unterstellung, die Daten der Geräteregistrierung würden für Werbezwecke verwendet. Selbstverständlich wird niemals Werbung an diese Adressen versendet.
Meine Frage (die ich nicht gestellt habe): Warum werden die Daten dann erhoben?
Comments
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Jonas on :
Hi, welche Router kannst du empfehlen?
VlG Jonas
Maik Zumstrull on :
Wenn du ein ganz simples (aber dabei richtig implementiertes!) Interface willst: AVM. Im Original nicht ganz billig, kann man aber oft bei Vertragsabschluss subventioniert vom Internetanbieter kriegen.
Wenn das Interface aus der Kategorie eklig-aber-funktioniert sein darf, du aber die totale Kontrolle willst: Linksys. Da kannst du im Notfall dann immernoch DD-WRT oder OpenWRT drüberziehen.
Bei AVM kann man auch alternative Firmware drüberflashen (ist ein Linux based device, sie versteckens aber gut), da sind aber noch nicht so viele weit entwickelt.
Für (semi-)professionelle Ansprüche soll LANCOM ganz gut sein, so einen hatte ich aber bisher nicht in den Fingern, daher spreche ich keine "offizielle" Empfehlung aus.
Jonas Weismueller on :
Wie sieht es mit Draytek aus?
VlG Jonas
Maik Zumstrull on :
Hast du deinen optimistischen Tag, dass du ''überhaupt'' eine Antwort erwartest?
Ich jedenfalls werte heutzutage unpassende Textbausteine schon als außergewöhnlich weitgehende Serviceleistung.
thilde on :
Das mit dem Firefox ist ein echter Knüller.
Hans Bonfigt on :
Hey man - be happy.\nYou proved your ability - the last great adventure left to mankind. You successfully used /dev/stomach instead of /dev/brain.\nAnd you made a major experience: When messing around with PC scrap, it's way better to be a good detective than a good sysadmin.\n\nGruß Hans, und\n\np.s.:\nAußerdem hast Du damit gewisse d.t.r.-Schnepfen widerlegt, die behaupten, Du seiest langweilig, weil einfallslos.\nWas für ein produktiver Mehrzwecknachmittag !
thilde on :
dtr-Schnepfen, die Marc langweilig finden? Gibts doch gar nicht - nicht so lange ich dort schreibe
Guxtu hier:
http://www.d-t-r.net/party/party12/juergen/original/serie1--022.html
Wenn das nicht Hahn im Korb ist, was dann?
Martin on :
Ich bin verwende einfach nur mehr Linksys. Das Interface darf haesslich sein wie es will - Linksys funktioniert einfach immer.
Maik Zumstrull on :
Gestern einen ähnlichen Bug erlebt mit einem T-Com Gerät. Dort darf der WPA-PSK keine Sonderzeichen (in diesem Fall "+") enthalten -- was das Gerät aber nicht erwähnenswert findet: Es ersetzt sie einfach stillschweigend durch Leerzeichen. Und man wundert sich, warum der Client nicht reinkommt.
ernie on :
Wer gute Router will sollte zu Cisco
Maik Zumstrull on :
Bist du sicher, dass die zweieinhalb Modelle, die Cisco in dem Preis/Leistungs-Segment, über das wir hier reden, verkauft, wirklich mehr Leistung bringen als die äquivalenten Modelle von Linksys (übrigens eine Cisco-Marke)?
Ferner kriegt man oft die gleiche Leistung wie bei Cisco für weniger Geld bei Nortel oder Juniper, minus zwei bis acht Sicherheitslücken in IOS.
Marc 'Zugschlus' Haber on :
Das überteuerte, fehlerhafte Cisco-Zeugs ist für dieses Marktsegment völlig irrelevant. Cisco ist das Microsoft der Routerbranche: Niemand wurde je dafür gefeuert dass er das gekauft hat, Schlipse stehen auf den "Major Player", und überhaupt.
Welches Cisco-Modell empfiehlst Du für dieses Anforderungsprofil und was kostet es inklusive der Einrichtung?
Marc, der vorletzte Woche zwei Tage damit verdaddelt hat, dass ein 1803 mit aktiviertem CBAC mit fragmentiert eingehenden Paketen nicht klarkommt.
Karsten on :
Klasse Story. Deckt sich mit meinen Erfahrungen mit Netgear, ihren "Produkten" und ihren "Supportern".
Netgear's Voip-Adapter TA612V stürzt bei jedem ICMP-Paket mit TTL 0 ab. Heisst: das Gerät kannst Du von aussen mit einem einfachen Traceroute töten. Das ist besonders lustig, da das Gerät wg. des Priorisierung vom Voip-Daten (QOS) als erster Router im Netz stehen muss
Das wissen die Jungs von Netgear auch schon seit sechs Wochen, interessiert die aber herzlich wenig...
Ich seh das auch so: Finger weg von Netgear!!!
Gekko on :
Nein wie geil! Noch einer der Netgear gegen die Wand nageln möchte... Arbeite seit einer Woche mit einem Netgear FSM7326p L3 Switch und ich sag dir das Ding ist die Hölle!!! Diffserv für VoIP macht nur Ärger! Und die Hotline will zur mir keine Auskunft geben da Diffserv zu tief in die Materie eindirngt. Die wollen das ich bei einem Händler nen PRO Support Vertag unterschreibe danach bekomme ich ne Tel. die mir weiter hilft!!! So was ist ne Sauerei! Da das Switch ansich schon 500 Taken kostet. Unseren cisco layer 3 Switch ha´b ich in 15 Min eingerichtet und Netgear macht so nen scheiß!
Also ich kann es nur bestätigen: Finger weg von Netgear!!!