Nach 28 Jahren Speicher und Keller: Haber-Großmutteruhr in Betrieb
Die "Großmutteruhr", die vom Beginn meiner bewussten Wahrnehmung bis zum Tod meines Vaters und unserem Auszug aus dem Haus am Falkenstein im Arbeitszimmer meines Vaters hing, ist am 09. Januar nach 28 Jahren Abstellraum, Keller oder Speicher an ihren Platz zurückgekehrt. Allerdings ist dieser Platz jetzt nicht mehr im Arbeitszimmer meines Vaters, sondern in meinem Seminarraum. Damit ist ein bisschen der "alten" Ordnung wieder hergestellt.
Die Uhr muss einmal in der Woche aufgezogen werden und hat ein Schlagwerk mit einem sehr schönen Schlag, den man bis ins Wohnzimmer nach oben hören kann. Wer sich mehr für die Geschichte dieses Erbstücks interessiert, darf weiterlesen.
Der Regulator wurde zwischen 1890 und 1930 von der Firma Pfeilkreuz gebaut. Solche Uhren waren in dieser Zeit beliebte Einrichtungsgegenstände in der "guten Stube". Als solche sind sie auch heute noch auf jedem besseren Flohmarkt zu finden
Zu uns kam diese Uhr allerdings erst um 1970, als mein Vater für eine Fernsehsendung eine mechanische Uhr mit Pendel benötigte. Der Requisiteur der Produktion begab sich auf den nächsten Flohmarkt, gab dort zehn Mark aus dem Produktionsbudget aus und erstand dieses Exemplar. Es ist überliefert, dass der Requisiteur die Uhr nach Abschluß der Produktionsarbeiten schon in der Hand hielt, um sie in hohem Bogen auf den Müll zu werfen, als er von meinem Vater gestoppt wurde.
Mein Vater übernahm den Kaufpreis und die Uhr. Und seitdem hängt sie, "Großmutteruhr" genannt, im Arbeitszimmer. Zuerst in Seefeld, und später dann am Falkenstein. In einem Ritual wurde sie jeden Sonntag Morgen aufgezogen, und je älter ich wurde, desto mehr wurde mir vertraut, die empfindlichen Federwerke für Uhr- und Schlagwerk vorsichtig genug aufzuziehen und nicht zu überziehen.
Beim Auszug aus dem Haus am Falkenstein war es wieder ein männlicher Haber, diesmal ich, der die Uhr vor dem Müll rettete. Allerdings hatte ich damals keinen Platz für sie, und so landete sie zuerst auf dem Speicher der Wohnung meiner Mutter in Othmarschen, dann in meinem vom Bauverein der Elbgemeinden angemieteten Lager mit meinen Hamburger Sachen, im Keller meiner Karlsruher Wohnung, im "Aus-meinen-Augen-Zimmer" meiner Wallstadter Wohnung, im Hobbyraum der Wohnung in Ilvesheim und schließlich im Hauswirtschaftsraum in St. Ilgen. All diese Jahre hatte ich vor, sie zuerst grundüberholen zu lassen und dann wieder im Arbeitszimmer aufzuhängen, wie es der Familientradition entspricht.
Unter Sandras Antrieb hab ich das dann endlich im Spätjahr 2017 in Angriff genommen und die Uhr nach Karlsruhe in die Uhrenklinik, nahe meiner ersten Karlsruher Oststadtwohnung transportiert. Die Grundüberholung war ein wirtschaftlicher Totalschaden und dürfte den Flohmarktwert der Uhr weit überstiegen haben. Aber ideell ist diese Uhr natürlich eine Erinnerung an die Kindheit.
So habe ich die Uhr jetzt endlich aufgehängt, an den Platz, der in der Einrichtung des geschäftlich genutzten Raumes von Anfang an für sie vorgesehen hatte. Der Schlag der Uhr hat direkt beim ersten Mal Millionen von Kindheitserinnerungen geweckt. Faszinierend, was so ein Geräusch mit einem macht.
Abweichend von der Tradition wird die Uhr allerdings in Zukunft Samstags aufgezogen, weil ich an diesem Tag morgens sowieso die Stromzähler ablese. Ich freue mich bei jedem Blick, den ich auf die Uhr werfen kann. Ein Stück Heimat.
Comments
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Jakob on :
Nett, aber bisschen viel Uhr auf einem Fleck, oder?
Und du liest jede Woche deine Stromzähler händisch ab, so mit Stift und Papier?? Sind das noch Ferraris-Zähler oder hat dein E-Werk die optische Schnittstelle dicht gemacht?
Marc 'Zugschlus' Haber on :
Die alte Uhr ist schön, die analoge Uhr zeigt die Zeit und die digitale zusätzlich Datum und Temperatur. Ich kann ja noch "St. Ilgen", "St. Ilgen" und "St. Ilgen" drunterschreiben.
Die Stromzähler sind EHZ mit D0-Schnittstelle und ein Hutschienenzähler mit Modbus, optische Leseköpfe sind schon gekauft (und funktionieren). Hab nur noch keine Zeit gehabt für Volkszähler etc. Zuerst muss ich den Kommentar-Redirect vom Blog fixen.
Marc 'Zugschlus' Haber on :
Inzwischen werden die Stromzähler automaticsch abgelesen und in einen Volkszähler gekippt. Dank suboptimaler Dokumentation prökelt ein Script die Werte einmal wöchentlich aus dem Log vom vzlogger und schickt mir eine Mail, die eine Zeile CSV zum Cut&Waste in mein Stromzähler-Excel enthält.
-chriz on :
Statt Stilgen, Stilgen und Stilgen vielleicht an Anlehnung an die vielen weiter oben genannten Orte: Hamburg, Karlsruhe und dann Stilgen.
Marc 'Zugschlus' Haber on :
Auch eine sehr schöne Idee.