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Ist Ubuntu die Grippe für Debian?

Auf #debian.de wird gerade mal wieder diskutiert, was Ubuntu eigentlich für Auswirkungen auf Debian hat. Dabei ist "Flubuntu" noch einer der netteren Begriffe, die für die Distribution genannt werden, die sich nicht nur anschickt, Debian einen Haufen User abzujagen, sondern die auch massiv wichtige Manpower aus dem Debian-Projekt abzieht.

Für diejenigen, die es noch nicht wissen: Ubuntu ist eine auf Debian basierende GNU/Linux-Distribution, die in den letzten 12 Monaten zweimal releasen konnte. Wie alle Leser wissen, hatte Debian diese Glück in den letzten zweieinhalb Jahren nicht mehr.

Der aktuelle Zankapfel ist gnupg. Die Package wird von James Troup maintained, der Ubuntu-Mitarbeiter ist. Die aktuelle Version von gnupg in Debian unstable ist 1.4.0, die zahlreiche releasekritische Bugs aufweist. Deswegen hat Debian testing auch noch das alte gnupg 1.2.5, und so wie es ausschaut, werden wir mit dieser alten Version releasen. Wie ein Thread auf debian-release zeigt, ignoriert James Kommunikationsversuche, und eine neue Upstream-Version per Non-Maintainer-Upload in das eingefrorene Debian testing zu bringen stößt - nicht ganz zu Unrecht - auf den Widerstand des Release-Teams.

Dieser "Fall" beleuchtet meiner Ansicht nach die aktuelle Situation relativ deutlich.

Ich habe kein Problem damit, dass eine von Debian abgeleitete Distribution Erfolg zeigt. Ich habe auch kein Problem damit, dass Leute mit Debian Geld verdienen, und schon gar kein Problem damit, dass das die Leute sind, die sich in der Vergangenheit um Debian verdient gemacht haben. Das ist alles gut so, und zeigt auch den Zweiflern, dass Open Source funktioniert.

Was ich allerdings nicht gut finde, ist, dass sich Debian seit Ubuntu noch weniger vorwärts bewegt. Debian hatte immer schon ein Problem damit, dass viele der in Schlüsselpositionen sitzenden Leute zu wenig Zeit für ihre Pflichten aufwenden, mit dem "Fußvolk" nicht kommunizieren, und dann, wenn man sich - z.B. wegen langer Wartezeiten auf ein ftpmaster-Approve - öffentlich beschwert das alte Roß "Wir sind alles Freiwillige, Du kannst uns nicht dazu zwingen überhaupt was zu tun" reiten. Das ist nach meinem Empfinden leider noch schlimmer geworden, seit einige der Personen, die Schlüsselpositionen in Debian haben, bei Ubuntu arbeiten.

Die Situation im Bereich ftpmaster hat sich seit der Berufung von Jörg Jaspert als Ergänzung für das ftpmaster-Team drastisch verbessert. Die von mir co-maintainte Package torrus war innerhalb von zwei Stunden approved.

Weiterhin Probleme bestehen im Bereich New Maintainer. Auch hier wurde Jörg Anfang dieses Jahres als Verstärkung eingesetzt, jedoch ist James weiterhin der SPOF als Keyring-Maintainer und einziger, der neue Accounts auch wirklich anlegt.

Um die auch immer wieder hochkochende buildd-Problematik ist es in den letzten Wochen ruhig geworden. Ob das nun daran liegt, dass die Kritiker die Motivation verloren und aufgegeben haben, oder ob es keine Probleme mehr gibt,

Warum bekommen Leute, die bei Debian in Schlüsselpositionen sitzen und die aufgrund anderer Verpflichtungen nicht mehr die Zeit haben, sich um Debian zu kümmern, es nicht auf die Reihe, (a) diesen Zustand zu erkennen, (b) um Hilfe zu bitten oder gar (c) von ihren Debian-Positionen zurückzutreten? Ich will ja nicht das Wort "Sesselkleber" gebrauchen, aber dass in einigen Teams lastmäßig "land unter" herrscht und es trotzdem keine erkennbaren Bemühungen gibt, Verstärkung zu suchen, ist in meinen Augen offensichtlich.

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Comments

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roerich on :

Ich würde das mal als eine der dringlichsten Aufgaben des DPL ansehen, diese Misstände mal zu beheben. Vielleicht sollte er mal mit Canonical reden und die Situation mal klarmachen. Schliesslich kann auch Canonical mit Ubuntu einpacken wenn das Debian-Projekt den Bach runter geht.

Marc 'Zugschlus' Haber on :

Das sehe ich etwas anders. Canonical und Ubuntu selbst haben mit der Geschichte erstmal wenig zu tun. Es ist völlig in Ordnung, dass Debian-Maintainer mit ihrer Arbeit an Linux Geld verdienen.

Dass die Leute, die wegen ihres Reallifes für ihre Debian-Pflichten keine Zeit mehr haben, auf ihren Debian-Sesseln hocken bleiben und damit - bewusst oder unbewusst - die Bemühungen anderer Leute blockieren, ist primär das Problem dieser Leute.

kju on :

Ich verstehe den Zusammenhang nicht ganz. Die meiste "Manpower" die Ubuntu abzieht (wobei ich der Meinung bin, daß man da durchaus parallel in beiden Projekten tätig sein kann) ist nicht in der Form bezahlter Arbeit, also verdienen jene Debian-Maintainer auch kein Geld mehr.

Ich kann auch verstehen, wenn ein Debian-Maintainer zu Ubuntu wechselt, denn da tut sich wenigstens was. Für Debian kann ich mich mittlerweile häufig nur noch schämen.

kju on :

Im übrigen passt hier m.E. die alte Fido-Weisheit: "Begrenze die Zahl der Hüte die Du trägst (Posten die Du hast)". Aber wie bringt man Leute dazu, das einzusehen?

Eduard Bloch on :

Ich würde sagen, Ubuntu ist nicht die Grippe, ist ist Krebs. Das sieht man daran, wie die Funktionsträger in Debian nach und nach umgewandelt wurden. Auf ähnliche Vorwürfe wurde ja immer behauptet, dass einerseits "es nicht ihre Arbeit für Debian beeinflusst, die findet weiterhin nebenbei statt" und kurz danach "man macht eh das gleiche, was man sonst auch macht (an Paketen hacken), aber jetzt sogar fürs Geld".

Und da liegt der Hund begraben, meiner Meinung nach. Wer hauptberuflich für Ubuntu arbeitet, widmet seine "paketierende" Energie Ubuntu, und hat für Debian nicht mehr viel Motivation übrig. Wer nebenberuflich für Ubuntu arbeitet, hat schlicht keine Zeit mehr für Debian.

Dass dabei etwas schief geht, fällt auch keinem Ubuntu-Entw. so richtig auf. Man macht eben das Gleiche, hat eine "Community" hinter sich. Nur werden die Aktivitäten jetzt in einen anderen Teich umgeleitet und der Debian-Teich trocknet langsam aus. Ab und zu schwappt da noch was über, aber der Hauptstrom fliesst jetzt zu Ubuntu, was man an den innovativen Features in Hoary schnell sehen kann (funktionierende Dinge, die noch nicht mal in Debian Experimental aufgetaucht sind).

Ein weiteres Ärgerniss ist die Unsicherheit bei der Kommunikation mit UDs und Leuten, die ihnen nahe stehen. Bei den ersteren weiss man nicht, für wenn sie grade sprechen. Bei den zweiteren nicht so genau, ob sie schon zu Ubuntu übergelaufen sind und für die ersteren sprechen.

Ob und wie unser neuer DPL etwas dagegen machen würde, bleibt abzuwarten. Schliesslich müsste er sich vielleicht auch die Vorwürfe des Interessenskonflikts gefallen lassen. Man müsste jedenfalls aktiv anfangen, die Anzahl der Hüte zu begrenzen. IMO müsste man die Grenzen dynamisch vergeben, und für die Vergabe einen laufende Abstimmung einführen, d.h. eine dynamisch aktuallisierte Tabelle, und wer es beeinflussen will, kann jederzeit neu abstimmen, also im Prinzip ein immer aktuell gehaltenes Meinungsspiegel (on-the-fly generierte GRs). Wenn etwas schief geht (z.B. DAM dauernd scheisse baut) und der Verhältnisse sich ändern, müsste der DPL eingreifen (oder ggf. andere Instanzen).

ToJe on :

Meiner Meinung nach muß es doch kein Problem sein, wenn ein Entwickler primär für eine andere Distribution paketiert. Erst recht nicht, wenn beide Distributionen das gleiche Paketformat verwenden. Die jeweils andere(n) Distribution(en) und ihre Mitarbeiter müssten lediglich erkennen, daß ihnen da jemand Arbeit abnimmt, und die Arbeit dieses anderen übernehmen.

Das setzt natürlich voraus, daß ein Entwickler/Project Leader/wasauchimmer nicht seine eigene Eitelkeit ("ich bin ja soooooo wichtig") an die erste Stelle setzt, sondern seine Aufgabe darin sieht, ein möglichst gutes Gesamtsystem zu bauen. Und genau daran scheint es mir bei diversen Debianisten zu mangeln.

Eduard Bloch on :

Ich glaube, du bringst hier ganz viele Sachen durcheinander.

a) Es muss kein Problem sein, aber hier ist es eines.

b) Gleiches Paketformat hat nichts zu bedeuten (siehe RPM-Distris. Kompatibilität?!)

c) Es ist nicht die "jeweils andere" Distri, hier werden Teile der Original-Distribution umfunktioniert (Virus eben)

d) Wir würden gerne die abgenomene Arbeit übernehmen, machen wir auch. Nur der Rückfluss ist nicht gewährleistet, d.h. die Bugfixes werden nur selten an die Original-Maintainer gemeldet.

e) Was hat Eitelkeit mit dem ganzen zu tun? Es kommt ja gar nicht soweit, dass Eitelkeit ins Spiel kommt (siehe Punkt d). Die Ubuntu-Entwickler wollen ein "Gesamtsystem", aber "ihr neues" System. Es kommt mir so vor, als haette man Debianer zur Sklaven-Horde erklärt, und die 31331en Typen treffen sich jetzt woanders.

Marc 'Zugschlus' Haber on :

[http://druecke.strg-alt-entf.org/cgi-bin/blog.cgi/2005/05/13#debian-spass3 Nils] verwendet inzwischen auch Ubuntu, nachdem er im Debian-Installer [http://druecke.strg-alt-entf.org/cgi-bin/blog.cgi/2005/05/11#debian-spass einige Dinge] gefunden hat, über die jemand seines Know-Hows eigentlich hätte hinwegkommen müssen.

Schade für Debian, aber wer nicht will der hat schon.

Eduard Bloch on :

Das ist nicht der Debian-Installer. In dem sehe ich nur ein fehlendes Feature, intuitive Tastaturkonfiguration (Zeitzone-Wünsche sind lächerlich, ich hätte gerne Europa/Maximiliansau... wieso kriege ich meine Zeitzone nicht??? Drecksinstaller!!!!1).

Das Problem ist mal wieder die verkorkste Zusammenstellung der Pakete in der base-installation. Das ist auch das Problem von Debian - es ist zwar alles da, aber niemand testet gründlich, ob es aus User-Sicht ein rundes Bild ergibt.

Nils Ketelsen on :

Aloha!

Du hast da anscheinend was falsch verstanden bei meinen Versuchen: Ob ich über die Hürden hätte hinwegkommen können oder nicht ist nicht mein Problem. Der Punkt für mich ist: Ich will es nicht. Ich will in ein Desktop-System keine Zeit investieren, ich will das es einfach funktioniert.

Hätte es Ubuntu auch nicht getan, dann hätte ich ein Knoppix genommen oder auch ein SuSE oder RedHat. Meine Erfahrungen mit diesen Systemen ist "Cd rein, geht". Mich hat einfach mal interessiert, ob andere Systeme eben diese Anforderung auch erfüllen können. Und da hat Debian eben nicht ganz mithalten können.

Achja, zu Marcs kleiner Flanke mit den Zeitzonen: Du wirst bei genauerem lesen festellen, dass ich mir eigentlich eine Zeitzone "ME(S)Z" wünsche und eben keine Stadtgebundene.

Nils Ketelsen on :

Ups. Sorry, ich bin etwas mit den Absendern durcheinander gekommen, weil die Überschriften garkeine Überschriften, sondern Unterschriften sind. Bitte meinen Kommentar entsprechend im Kopf umformen.

Nils

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