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Rufnummernportierung - Ein papiertigernder Rohrkrepierer

Unter Rufnummernmitnahme (auch Portierung genannt) versteht man im Telekommunikationsbereich die Möglichkeit, die eigene Rufnummer bei einem Wechsel des Anbieters zu behalten. Mit der Verpflichtung zur Rufnummernportierung wollte die Marktregulierung den Anbietern ihr stärkstes Kundenbindungsinstrument wegnehmen, denn früher hieß es oft "prima, Du kannst gerne wechseln. Dein neuer Anbieter gibt Dir dann eine neue Telefonnummer und Du darfst alle Deine Visitenkarten, Briefpapiere etc ändern".

In der Theorie sieht es um die Rufnummernportierung so schön aus wie im § 46 (2) des Telekommunikationsgesetzes:

Anbieter (...) müssen sicherstellen, dass ihre Endnutzer ihnen zugeteilte Rufnummern bei einem Wechsel des Anbieters (...) beibehalten können.

Was sich im Gesetz so wunderschön liest, ist bedauerlicherweise ein typisch Deutscher Papiertiger, denn dann, wenn man die Rufnummernmitnahme wirklich gebrauchen könnte, ist sie nicht vorgesehen: Nämlich wenn man umzieht oder die eigene Telekommunikationsstruktur unter Beibehaltung der Rufnummern reorganisieren möchte.

Das Gesetz sieht die Verpflichtung zur Rufnummernportierung beim Wechsel des Anbieters vor. Das wird üblicherweise von den Anbietern so ausgelegt, dass der Benutzer im gängigen Anwendungsfall "ich ziehe innerhalb des Ortsnetzes um, und möchte bei der Gelegenheit gleich den Anbieter wechseln, weil ich eh alles anfassen muss und mir gerne die Einrichtungsgebühr für den Telefonanschluß in der neuen Wohnung sparen möchte" in die Röhre guckt, denn die Prozesse der Anbieter sehen diesen Fall nicht vor. Und das gilt vermutlich selbst in den Fällen, wenn man wirklich innerhalb der Kommune umzieht und nicht noch den Zusatzlevel "Ich ziehe von 68259 Mannheim, Ortsnetz 0621, nach 68549 Ilvesheim, Ortsnetz 0621, und JA, das IST dasselbe Ortsnetz und deswegen müsste ich meine Rufnummern mitnehmen können" mit spielen muss.

Das würde funktionieren, wenn der "neue" Anbieter in der Lage wäre, den Auftrag so entgegenzunehmen, dass er den Anschluß zwar an der neuen Anschrift schaltet, auf den Portierungsauftrag (oder wie immer der Zettel, den man zu Rufnummernportierung im Original zum Anbieter transportieren muss heißt) aber die alte Anschrift des Kunden schreibt. Genau diesen Fall scheint aber keiner der preislich attraktiven Anbieter zu unterstützen. Jedenfalls habe ich sowohl bei Alice als auch bei meinem derzeitigen Anbieter vergeblich nach dieser Option gesucht.

Ich musste also beim Umzug im Mai 2007 zum Wechsel des Anbieters noch einmal in die Tasche greifen und zuerst mit dem T-ISDN gebührenpflichtig umziehen (EUR 59,00), bevor ich die Rufnummern zu meinem derzeitigen Anbieter umziehen lassen konnte.

Eine weitere Macke der bundesdeutschen Implementierung der Rufnummernportierung ist, dass das Gesetz auf Basis des Anbieterwechsels konzipiert ist. Das interpretieren die Anbieter üblicherweise so, dass eine Portierung nur dann möglich ist, wenn der Anschluß als ganzes wegfällt. Das bedeutet für die Praxis, dass die einzelnen MSNs eines ISDN-Anschlusses (ich hatte vor dem Umzug zehn davon) immer nur zusammen portiert werden können. Sprich: MSN A zu Carpo, MSN B zu Sipgate, MSN C zu dus.net, MSN D auf einen Alice-Festnetzanschluß und MSN E auf ein Genion geht nicht. Jedenfalls nicht mit vertretbarem finanziellen Aufwand. Wenn die einzelnen MSNs auf einem T-ISDN-Anschluß sitzen und man sie unbedingt Marke "koste es was es wolle" voneinander trennen will, muss man - das geben die Prozesse des magentafarbenen Anbieters her - die Nummern einzeln auf neu einzurichtende analoge T-Net-Anschlüsse schieben und diese dann sofort wieder unter Nummernportierung zum endgültigen Ziel der Nummer kündigen. Das kostet dann sechzig Euro pro Rufnummer und geht in aller Regel nicht gleichzeitig, weil in die Wohnung nicht genug Adernpaare für die notwendige Anzahl Analoganschlüsse hineingehen. Das ganze ist also teuer und zeitaufwendig, mithin nur in absoluten Notfällen praktikabel.

Und so stehe ich jetzt vor der Aufgabe, doch neue Rufnummern bekanntzumachen, denn der Vorteil eines von einer Anschlußleitung unabhängigen VoIP-Anschlusses ("Du bist überall, wo Du brauchbares IP hast, unter Deiner Festnetznummer erreichbar") ist halt doch verhältnismäßig sexy. Vielleicht lässt sich das ja auch mit einem Konzept der Rufumleitung und einer Festnetz-Flatrate lösen, aber das ist dann auch schon wieder tarifwidrig, denn die meisten Flatrates gelten nicht für Rufumleitungen.

Fazit: Lieber Gesetzgeber, was Du da zum Thema Rufnummernportierung ins TKG geschrieben hast, ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, deckt aber nur die allereinfachsten Geschäftsvorfälle ab. Sobald das, was der Endkunde vorhat, auch nur einen Mikrometer über dieses Minimum hinausgeht (und das ist bei erschreckend vielen Vorfällen so, die man nichtmal an den Haaren herbeizerren muss), steht der Kunde dort, wo er schon vor zehn Jahren stand: Im Regen. Gut gemeint ist halt manchmal nicht gut gemacht. War die Lobby der Telekommunikationsanbieter damals doch stärker als die derjenigen, die sich mit der Thematik auskennen?

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Zugschlusbeobachtungen on : Telefonieren - von Mai 2007 bis Februar 2008

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Wie schon neulich beschrieben, ist die Rufnummernportierung zu einem\nanderen Anbieter bei gleichzeitigem Umzug in Deutschland nicht vorgesehen und erfordert ein Reihe Klimmzüge. In diesem Artikel beschreibe ich, wie die Telefon- und Internetanbindu

Comments

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Der Herr von ehemals Gegenüber on :

Tja, die ganze Sache bedeutet natürlich Aufwand für den laten und für den neuen Anbieter. Der alte müsste es sich teuer bezahlen lassen, weil er ja nix mehr von einem gehenden Kunden hat und der neue ist so billig, dass er keinen Spielraum mehr hat, auch noch diese Prozedur durchzuziehen. Fazit: Billig und Gut passt ganz selten

Marc 'Zugschlus' Haber on :

Na komm, ein weiteres Adressfeld in der Datenbank kann so teuer nicht sein. Die Kosten für die zusätzliche Softwareentwicklung gehen in der Masse unter. Ist ja nicht so, dass für jede Rufnummernportierung ein Meeting einberufen werden muss..

Die Anbieter hätten den notwendigen Aufwand eingepreist, wenn der Gesetzgeber brauchbare Vorgaben gemacht hätte, so wie sie es jetzt auch mit dem Aufwand getan haben, den sie aufgrund der schlecht durchdachten derzeitigen Vorgaben haben.

Marius Mühlberger on :

Hat jemand den "Notfall Umzug" über einen weiteren Telefonanschluss mal durchgeführt? Ich würde gerne 2 MSN zu einem neuen Anbieter übernehmen. Dies ginge ja nur indem ein neuer ISDN-Anschluss bei der T bestellt wird, die MSNs portiert und dann der Anschluss via Portierung aufgelöst wird. Ich wäre ja (nachdem es nicht anders geht) bereit die Einrichtung des ISDN-Anschluss zu bezahlen, das Problem sehe ich jedoch in der Mindestlaufzeit von 24 Monaten = ca. 25 EUR * 24 Monate = 600 EUR + Einrichtungsgebühr. Dafür konnte ich jedem Bekannten eine vergoldete Postkarte mit meiner neuen Rufnummer schicken...

Marc 'Zugschlus' Haber on :

Man muss halt einen Telekom-Anschluss nehmen, der keine Mindestlaufzeit hat. Das analoge Produkt hieß mal "Call Plus", und man bekam es nur, wenn man gezielt und energisch danach gefragt hat.

Die Callcenter verkaufen dieses Produkt wohl nur ausgesprochen ungern.

Marius Mühlberger on :

Super, danke für den Hinweis. Der Name ist geblieben, findet sich sogar auf der T-Com Internetseite wenn man weis wie der Tarif heißt!

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